Ausdauer im Exil – Unternehmensblog-Abend Storytelling

Ausdauer im Exil – Unternehmensblog-Abend Storytelling
Das Borker Exil: Zimmer 1 war 2023/24 mehrfach meine Unterkunft

Das „Borker Exil“ und der lange Weg zurück ins Büro

Dass es über ein halbes Jahr dauern würde, hätte ich nicht gedacht. Die wichtigsten Akten waren verschlossen in einem Lagerhaus in Dortmund, etwa im Zwei-Wochen-Takt nervte ich die Hausverwaltung und bat um Information, wie denn der Stand der Bauarbeiten wäre.

Der Grund für die missliche Lage: Die Wände in meinem Büro in Selm waren feucht, schwarzer Schimmel fand sich in Ecken und hinter Bilderrahmen, Akten in den Ordnern wurden wellig und rostig, dort wo der metallene Klemmbügel saß. Es war Juli 2023, ich kam nach gut zwei Wochen aus dem Sommerurlaub zurück und stellte fest: Hier kann ich nicht bleiben. Verschlimmernd kam hinzu, dass ich quasi wohnungslos war, denn mein Büro war zugleich mein Homeoffice an meinem Zweitwohnsitz in Selm. Das ist es auch wieder , doch bis dahin war es es langer Weg.

Glück im Unglück und ein trockener Lagerplatz

Glück im Unglück: Ich hatte ja noch meinen Erstwohnsitz mit Zweitbüro in Schwerin. Allerdings auch noch meine Teilzeit-Festanstellung in der Nähe von Selm. Ein Aufenthalt dort, zumindest ein regelmäßiges Erscheinen, musste ich organisieren.Verflixt, wie bringe ich das unter einen Hut? Hätte ich die Anstellung zu der Zeit nicht gehabt, hätte ich mich wohl für einen kompletten Umzug des Blogwerks nach Schwerin entschieden.

Doch die Situation war da, ich musste handeln. Zumal nicht absehbar war, dass es derart lange dauern würde. Nach zwei bis drei Monaten sah ich mich in meinen pessimistischsten Vorstellungen in mein Büro zurückkehren. Sporadisch schaute ich mich nach einer Wohnung um, doch alles, was nicht direkt frei verfügbar war, kam nicht in Frage.

Also mietete ich zunächst einen Stauraum in einer Lagerhalle, etwa 2,5 x 1,5 Meter Grundfläche, aber so hoch, dass die Matratze hochkant hinein passte. Top-modernes Lager in Dortmund, alle Türen und das große Tor konnte ich per App von meinem Handy öffnen. Vier Wagenladungen fuhr ich hin, mit allem, was noch nicht feucht oder schimmelig war, es aber werden könnte und zudem transportabel und wertvoll war.  50 % Ermäßigung bekam ich für den Lagerraum in den ersten sechs Monaten. Also doch wohl für die komplette Mietzeit, die ich benötigen würde!

In Selm und um Selm

Die Zeit vor Ort in Selm und die Zeit in „der Firma“ (wie ich mal den Ort meiner Festanstellung nennen möchte) begrenzte ich auf das Nötigste. Ich lernte viele günstige AirBnB-Unterkünfte in Selm und um Selm und um Selm herum kennen. Das günstigste wurde meine Stammunterkunft: ein ehemaliges Hotel in Bork.

Die Tücken des Exils

Bedauerlich: meine Kontakte in Selm musste ich in dieser Zeit sehr vernachlässigen.
Erfreulich: Ich lernte, mir Kühlschrank und Küche mit Polizeischüler*innen der Landespolizeischule in Bork zu teilen und auch mit polnischen Dachdeckern.

Ich lernte Bratenduft, der allabendlich in die Zimmer kroch zu tolerieren und Zettel auf Polnisch zu schreiben, mit der Bitte, abends die Küche aufzuräumen, da andere Menschen morgens die Spüle benutzen möchten. Als Antwort bekam ich ein Smiley, die universal verständliche Sprache des digitalen Zeitalters. Die Küche war fortan morgens nutzbar. Ach, wäre bilaterale Kommunikation doch immer so einfach!

Zwischen Hoffen und Bangen

Und ich lernte Hartnäckigkeit, im Nachfragen nach dem Stand der Bauarbeiten,  verlernte sie zwischendurch aber wieder, als dieser stagnierte. Ich lernte stattdessen Resignation und Hoffnung.

Der Wasserschaden kam zunächst von einer verstopften Regenrinne. Nach Entfernen des Laubpropfens stellte sich, etwa drei Wochen später, fest, dass die Regenrinne zusätzlich undicht war. Nachdem sie endlich dicht schien, weitere Wochen später, blieb die Wand feucht. Also Abwarten, der Bautrupp sollte nochmal anrücken. Doch zunächst regnete es zu viel, dann wieder zu wenig. Mal konnten die Handwerker nicht kommen, dann konnte wegen des fehlenden Regens nicht geprüft werden, ob die undichte Stelle nun dicht ist.

Der Dezember verging, der Januar und auch der Februar. Die Wände waren bis auf das Holzgerüst abgeschält, alles, was feucht oder faulig war , war entfernt. Und doch kam weiter Feuchtigkeit nach. Nun allerdings aus dem Abflussrohr, das in der Wand verlief.

Mein Rabatt im Lagerhaus war inzwischen abgelaufen, ein halbes Jahr ins Land gezogen. E-Mail an die Hausverwaltung, Anruf bei der Hausverwaltung, vor Ort geschaut, ob sich was tat. Und endlich, endlich kam das Signal: Es ging voran! Im März kam die frohe Kunde: alles dicht. Es rückte der Luftentfeuchter ein, der Boden konnte neu verlegt und die Wand wieder verkleidet werden. 

Die langersehnte Rückkehr

Mitte April 2024 holte ich die Kisten aus dem Lager, vier PKW-Ladungen. Das Staubwischen dauerte mehrere Tage. Wie hatte ich mich auf mein Büro mit Aussicht auf die lebhafte Ludgeristraße gefreut! Auf ein funktionstüchtiges Büro mit allen Unterlagen greifbar, Drucker, Wasserkocher, Herdplatte, Kühlschrank, ach!

Heute fahre ich ab und zu noch durch die Bahnhofstraße von Bork und winke meinem alten Zimmer. Ich hatte meist die 1, oben ganz links über dem Schild, das einst Iserlohner Pilsener versprach.

Ne-ne, da erlebße wat!

Bei all dem Ärger bleibt als Fazit: Ich habe doch auch was erlebt! Und mit Ausdauer und Geduld bin ich in Selm geblieben, auch wenn ich nun nicht mehr in „die Firma“ fahre. Ich bin froh, dass ich den Standort gehalten habe und nun meine Kontakte dort wieder regelmäßig pflegen kann. Es sind spannende neue Projekte hinzugekommen, andere konnten wiederbelebt werden. Die „Zeit des Schimmels“ ist überstanden, die rückblickend sogar sehr abwechslungsreich war.

Dieser Artikel entstand am 21.01.2025 im Rahmen des Unternehmensblog-Abends zum Thema Blog und Storytelling – Artikel, die Geschichten erzählen.

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